Großenseebach digital

Ein Gastbeitrag von Dr.-Ing. Arno Pernozzoli

Die Gemeindeverwaltung in Großenseebach hat in den letzten Jahren schon erste Ansätze einer für das 21. Jahrhundert angemessenen Digitalisierung der Gemeinde gezeigt. Sei es der teilweise Ausbau für schnelles VDSL (100MBit) in den Neubaugebieten oder der Ausbau von Glasfaser in ausgesuchten Ortsteilen.

Im Gesamtbild zeigt sich die Gemeinde jedoch immer noch als dünn belegter Flickenteppich von hauptsächlich langsamen Kupferkabeln, schnellen Glasfasern und dünnem Mobilfunkempfang, nur zu selten in 4G. Die meisten Kupferkabel scheinen zudem aus frühen Zeiten der Telefonie zu stammen, beobachtet man in seinem hauseigenem Router die zugrundeliegenden Fehlerraten. Über den nostalgisch anmutenden Internetauftritt, der zwar viele Informationen beinhaltet, diese aber gut zu verstecken vermag, möchte ich lieber schweigen. Öffentliche WLAN Zugangspunkte sind Fehlanzeige, obwohl sie heutzutage zu jeder sich zur modernen Kommunikation bekennenden Gemeinde gehören.

Großenseebach benötigt ein durchgängiges Konzept für die Digitalisierung der Gemeinde. Hierbei spielen nicht nur Aspekte des Komforts und der Nutzung des vielfältigen Angebots an Streamingdiensten eine Rolle.

Großenseebach hat durch die Schaffung und den Ausbau der Neubaugebiete zahlreiche berufstätige Menschen und Familien im Umfeld der großen Unternehmen in der Umgebung angezogen. Die Möglichkeit, einen Teil seiner beruflichen Tätigkeit ins Homeoffice zu verlagern, bietet den Mitarbeitenden eine angenehme Balance zwischen Beruf und Familie, schont die Ressourcen und mildert das überbordende Verkehrsaufkommen auf unseren Straßen ab. Sinnvoll lässt sich die Heimtätigkeit allerdings nur mit einer stabilen und hinreichend schnellen Internetverbindung realisieren. Für eine Gemeinde wie Großenseebach mit ihrer Bevölkerungsstruktur ist schnelles Internet also eine Voraussetzung dafür, auch weiterhin Menschen anzuziehen, die beruflich darauf angewiesen sind und der Gemeinde die notwendigen Steuereinnahmen bescheren.

Schlussendlich ist eine gute digitale Infrastruktur auch entscheidend dafür, wie viele und welche Gewerbetreibende sich am Ende für die Gemeinde Großenseebach entscheiden und hier für ein lebhaftes und einträgliches Wirtschaftsleben sorgen.

Das Konzept „Digitale Infrastruktur für Großenseebach“ soll auf drei Säulen aufgebaut werden:

  1. Einer durchgängigen Modernisierung des kabelgebundenen Internets durch Ausbau der Glasfaser an jedes Haus.
  2. Die enge Kooperation mit Nachbargemeinden, um 4G / 5G Mobilfunk in Großenseebach mit einer Abdeckung >90% zu erreichen, für 3G >99%.
  3. Einem Ausbau freier WLAN-Zugänge an öffentlichen Orten, wie z.B. dem Gelände um die Grundschule und die Kirchen, beim Rathaus sowie rund um das FSV-Gelände.

Zur Umsetzung des Konzepts wird die Gründung eines Arbeitskreises „Digitale Infrastruktur für Großenseebach“ empfohlen. Hierzu sollen Experten aus der Gemeinde einberufen werden, die folgende Aufgaben erfüllen:

  1. Die Unterstützung und Beratung des Gemeinderats in Bezug auf die Themen Digitalisierung und Kommunikationsinfrastruktur.
  2. Die Unterstützung des Gemeinderats bei der Definition der Anforderungen und der Formulierung der zugrundeliegenden Ausschreibungen.
  3. Die Bewertung der Angebote hinsichtlich der Umsetzung der drei Digitalisierungssäulen und die Aufbereitung von Empfehlungen für den Gemeinderat.
  4. Die Verfolgung und Bewertung des Projektfortschritts sowie die diesbezügliche Ergänzung der Projektberichterstattung des Auftragnehmers.
  5. Die abschließende Bewertung des Projekterfolgs und die Empfehlung weiterführender Maßnahmen, z.B. weiterer Ausbau, Instandhaltung, Dokumentation und Hilfestellung für die Bürger der Gemeinde.

Der Dokumentation und Hilfestellung für die Bürgerschaft muss eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Hier hat sich in der Vergangenheit herausgestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger nach Verlegung der Glasfaser mit ihren Fragen alleine gelassen wurden. „Wie geht es weiter? Wen kann ich für den Anschluss beauftragen? Was habe ich davon?“, sind Fragen, die während des Ausbaus und nach Fertigstellung geklärt und dokumentiert werden müssen. Der Glasfaserausbau soll nicht, wie bisher, nur ein digitales Feigenblatt für die Gemeinde bleiben, sondern einen echten Nutzen für Bürgerinnen und Bürger sowie für Gewerbetreibende in der Gemeinde bringen.

Ebenso verhält es sich mit der Information über die frei verfügbaren WLAN Hotspots. Kleine Hinweisschilder an den betreffenden Orten sowie ein regelmäßiger Hinweis im örtlichen Mitteilungsblatt können helfen, die Bürger über das neue Angebot zu informieren.

Zum Schluss und quasi als Querschnittsprojekt zu den drei Säulen der Digitalisierung in Großenseebach sollte der Internetauftritt der Gemeinde überarbeitet werden. Der Ausbau eines digitalen Bürgerbüros – gegebenenfalls über die Anforderungen des Online-Zugangsgesetzes hinaus – kann dabei die Gemeinde sogar bei der Einsparung von Kosten und der Beschleunigung der Bürokratie unterstützen. Wie bereits in anderen Gemeinden realisiert, soll der Bürger hier notwendige Formulare finden, Anträge stellen und Vorgänge anstoßen können.

Das Konzept „Digitale Infrastruktur für Großenseebach“ zielt darauf ab, den Bürgerinnen und Bürgern eine effiziente und moderne Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Mit schnellen kabelgebundenen und mobilen Zugängen, leicht zugänglichen Informationen und Dienstleistungen der Gemeinde und einer tatkräftigen Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger bei Fragen rund um das digitale Angebot, wird sich Großenseebach für die Herausforderungen der digitalen Zukunft wappnen.

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